Klinik 4

– SCHLÜSSELSATZ 3 –

STRESS IST EIN HORMON, WAS SICH IM MUSKELGEWEBE ANSAMMELT

Für mich bedeutete „Sport immer Mord“. – ich war noch nie der sportliche Typ, und empfand Sport immer als Quälerei.
Die Oberärztin erklärte mir, dass Sport für mich wichtig sei – nicht nur zur Gewichtreduktion und um den Diabetes in den Griff zu bekommen, sondern auch um den Stress abzubauen. (Soweit ich verstanden habe) ist Stress auch ein Hormon, dass sich im Muskelgewebe ansammelt. – Baut man dieses durch regelmässige Bewegung nicht ab, kommt es irgend wann zur Explosion.
– Und das hatte ich gemerkt (und machte mir Angst).
Mein Nervenkostüm war dünner. Bei Auseinandersetzungen an der Arbeit und zu Hause wurde ich immer aggressiver (und mit Worten ausfälliger).
Ich sah mich auf eine Katastrophe zusteuern, wenn sich das noch weiter steigern sollte.
Aber sich nun zu Sport zwingen, wäre ein Fehler.
Die körperliche Aktivität muss zum eigenen Leben passen.
– Es hat keinen Sinn, die körperliche Aktivität als Last zu empfinden. – Sie muss für das „eigene Leben“ passen. – Sonst hält man das auf Dauer nicht aus.
Es geht also darum, die körperliche Aktivität so in das eigene Leben zu integrieren, dass man sie nicht als Last empfindet. – Hier muss jeder das eigene Maß für sein Leben finden. Man muss sich dazu Zwingen, auch in diesem Punkt kreativ zu sein und eigene passende Lösungen zu finden.


– SCHLÜSSELSATZ 4 –

SICH FÜR EINANDER INTERESSIEREN
MITEINANDER REDEN
SICH GEGENSEITIG WICHTIG NEHMEN

Musiktherapie. – Dies war eines der wenigen Angebote, auf die ich eigentlich “keinen Bock” hatte, und gegen die ich mich ein bischen gesträubt hatte.
Als Musik liebender Mensch gruselte es mir innerlich einfach Ziel- und planlos auf irgend einem Instrument “herumzuspielen” ohne dieses Instrument zu beherrschen, oder fähig zu sein, diesem Instrument irgend welche Harmonien zu entlocken.
Aber als “braver Patient” und meinen eigenen Vorsätzen folgend, wollte ich sehen, ob diese Zeit nicht auch hilfreich für mich sein könnte.
Musiktherapie erste Stunde – Horrorstunde.
In der ersten Stunde wurden wir aufgefordert uns ein Instrument auszusuchen und „ein Spiel“ zu machen.
Jeder Patient suchte sich ein Instrument aus, und probierte es aus.
Der Therapeut nahm ein Instrument und spielte auch darauf, und ging damit herum.
Nach einer ganzen Weile wurde das “gemeinsame Spiel“ beendet.
Der Therapeut erklärte, daß er noch nie solch ein grauseliges Spiel erlebt habe. Jeder habe auf seinem Instrument herumgemacht, aber am Ende sei kein gemeinsames Spiel daraus entstanden. Keiner habe auf den anderen geachtet, jeder hat vom Rhytmus und/oder Melodie so vor sich hin gespielt, aber ein gemeinsames Spiel sei nicht zustande gekommen.
Über diese Aussagen des Therapeuten hatte ich mich so sehr aufgeregt, daß ich das gesamte folgende Wochenende dafür benötigte mich darüber aufzuregen, und mit anderen Patienten darüber zu sprechen.
– In Wirklichkeit setzte damit ein Verarbeitungsprozess ein, der dann auch zu einem Ergebnis führte.
Meine Argumentation war: Wenn der Therapeut klar geäußert hätte, was er von uns erwartete, dann hätten wir uns darauf einstellen können.
Da wir aber seine Erwartungen nicht kannten, konnten wir uns schlecht danach orientieren.
Die Argumentation des Therapeuten war: Daß dieser Prozess eigentlich keiner Erklärung bedürfe. Und daß nach der “Ausprobierphase” des Instrumentes sich normalerweise “ganz natürlich” eine gemeinsame Harmonie in der Angleichung von Rhytmus und/oder Melodie normalerweise einstellen würden.
Wir hätten aber überhaupt nicht auf unseren Nachbarn gehört, oder wären nicht auf ihn eingegangen. Manche Spieler sind überhaupt nicht gehört worden. Bei manchen Spielern konnte er phasenweise für kurze Zeiträume eine Harmonie herstellen, als er versuchte mit seinem Instrument ein gemeinsames Spiel mit dieser Person herzustellen, aber meistens sei dieser Versuch gescheitert.
Er verglich dies, mit der natürlichen Verhaltensweise von Kindern, die einen Raum mit vielen Musikinstrumenten betreten.
Zuerst würden sie die Instrumente ausprobieren, aber danach würden sie versuchen sich einander anzugleichen.
Nachdem ich das ganze Wochenende mich darüber aufgeregt hatte und mit anderen Patienten darüber gesprochen hatte, setzte sich in mir so langsam die Erkenntnis durch, daß ich wohl auf diesem Gebiet ein Problem zu haben schien.
An diesem Wochenende wurde mir die Frage gestellt, ob meine Frau tanzen könnte. – Mit erschrecken mußte ich feststellen, daß ich dies selbst nach sieben Jahren Ehe nicht wußte.
Auch später (nach der Reha) in einer Anschlußtherapie stellte die Therapeutin fest, daß wir in unserer Ehe wohl eher nebeneinander her, als miteinander leben würden.
Leider mußte ist feststellen, daß dies wohl so stimmt, und ich (auch) hier wohl ein Problem habe.
– Aber Selbsterkenntnis ist ja wohl der erste Schritt zur Besserung.
Aber auf den anderen zuzugehen, sich für ihn (wieder neu) zu interessieren ist eine verdammt harte Übung.
Aber – willst du, das sich was verändert? Dann fange an dich selbst zu verändern, denn den anderen verändern kannst du nicht.


– SCHLÜSSELSATZ 5 –

SO WIE MAN IN DEN WALD HINEINRUFT,
SO SCHALLT ES WIEDER HERAUS.

Musiktherapie die Zweite. In einer dieser Stunden wurden wir aufgefordert ein Instrument zu wählen und zusammen „ein Spiel“ zu machen. Eine Mitpatientin suchte sich die größte Pauke aus – war aber während des Spiels fast nicht hörbar.

Der Musiktherapeut erklärte uns, daß wir nur das “von unserer Umgebung” als Echo empfangen würden, was wir selber ausgesandt haben. – Wenn wir keine Signale oder undeutliche Signale aussenden, dann würden wir auch keine- oder undeutliche Signale zurück bekommen.
Die Wahl des Instrumentes mag zwar in diesem Moment die richtige gewesen sein (Pauke, um mal auf dieselbe zu hauen), aber man muß dann auch diese als solche benutzen. – Sprich, deutliche Signale aussenden.
Für mich war diese “Lehrstunde” sehr wichtig.

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